„Beflügelt“- Inspiration in Glas

Dreidimensionales Glasbild inspiriert durch „geschundenes Glas“ aus dem Waldmuseum Zwiesel

Dreidimensionales Glasbild inspiriert durch „geschundenes Glas“ aus dem Waldmuseum Zwiesel

  • polychrome Glasschmelztechnik mit Glasmalerei
  • ofengeformte Glaselemente „beflügeln“ die Bildebene
  • Metallhalterung
  • Maße: Breite 31 cm, Höhe 53 cm, Tiefe 12,5 cm
  • Glasstärke 7 mm, Glasstärke ofengeformte Glaselemente 4 mm

Aus den Beständen an historischem Glas des Waldmuseums Zwiesel habe ich mir diesen um ca. 1900 als „geschundenes Glas“ in der Spiegelhütte gefertigten Kerzenleuchter ausgewählt, um hierzu eine eigene korrespondierende Arbeit zu entwickeln:

Kerzenleuchter, Glasmacherarbeit, Schinderarbeit, um 1900, Spiegelhütte;
Höhe: 24 cm, Durchmesser: 6 cm
Foto: mit freundlicher Genehmigung des Waldmuseums Zwiesel

Es war nicht allein die ungewöhnliche, an eine Pflanze erinnernde Form oder das transparente und zartgrüne Material des Sammlungsstücks, das mich angesprochen hat – es war der Hinweis „…Glasmacherarbeit, Schinderarbeit, um 1900…“, der mich bewogen hat, mich mit diesem historischen Glas auseinander zu setzen.

Der Begriff „geschundenes Glas“ ist sehr wenig bekannt, setzte aber bei mir eine ganze Flut von Assoziationen frei und warf Fragen auf wie z. B: Wer hat diese Arbeit angefertigt? Wie waren seine Arbeitsbedingungen und sein Arbeitsalltag, wann hatte er Zeit für sein „geschundenes Glas“? Vielleicht war diese Schinderarbeit vor allem ein willkommenes Zubrot, vielleicht hatte er aber auch den Drang, in seiner freien Zeit eigene Glasideen zu verwirklichen oder etwas Neues auszuprobieren.

Umsetzung

Um diesen Gedanken, Fragen und Vorstellungen Ausdruck zu verleihen, habe ich für mein Glasobjekt die Grundform einer sehr stark stilisierten Stempelkarte gewählt. Sie steht für das Eingespanntsein in einen langen Arbeitstag, für die getaktete und auf Teamwork basierende Produktion in einer Glashütte, für die mit der industriellen Revolution Einzug haltende Arbeitszeiterfassung und Arbeitsdisziplin, die bis heute für die meisten Werktätigen selbstverständlich ist.

Jedoch muss es für den Glasmacher um 1900 auch Freiräume gegeben haben, in denen er seine Vorstellungen in Glas ausleben und – beflügelt von seinen Ideen –  eigene Arbeiten anfertigen konnte. Und so durchbrechen auch in meinem Glasobjekt „Beflügelt“ an bestimmten (Zeit-)Punkten der stilisierten Stempelkarte zartgrüne, an Pflanzliches erinnernde Glaselemente die Bildebene und fügen sich, betrachtet man das Glasobjekt von der Seite, zu eigenständigen Gebilden zusammen, die sich formal an die Wellenbänder des historischen Kerzenständers anlehnen.

Glasobjekt „Beflügelt“ in der Seitenansicht

Mit meinem Glasobjekt möchte ich an die vielen Glasmacher im bayerischen Wald erinnern und ihnen gleichzeitig Respekt zollen für ihre handwerklichen Fertigkeiten, ihren Fleiß und nicht zuletzt ihren Ideenreichtum.

Susanne Wolf                                                                                                     Weitnau, 8. August 2019

Die Arbeit war zu sehen in der Ausstellung GLASSCHÄTZE gesammelt – gesehen – neu geschaffen.